Peru
Mystik in Ollantaytambo
Daniel Schröer
Ollantaytambo. Nie zuvor gehört, zwei Tage auszusprechen gelernt, dazu von der Lage, eingebettet in Bergen und Ruinen des heiligen Tals, überwältigt worden. Ein Kleinod dieser Reise, das in Reiseführern und Foren etwas zu kurz kommt. Natürlich bietet eben jenes Tal viele verschiedene faszinierende Stätten, doch Ollantaytambo deshalb auf dem Weg nach Machu Picchu lediglich kurz zu Streifen, wird diesem Ort absolut nicht gerecht.
Das wuselige Treiben am zentralen Plaza de Armas vor der Tourismusinformation lässt Dich direkt in diesen kleinen Ort eintauchen, unmittelbar werden Transportmöglichkeiten zum Bahnhof, Snacks oder Waren aus Alpaca-Wolle angeboten. Gar nicht so einfach, sich daraus zu lösen, um erstmal tief durchzuatmen und mental anzukommen. Um einen herum auf der einen Seite viele Restaurants, gegenüberliegend die obligatorischen Souvenirshops und dazwischen bereits erwähnte Anlaufstelle für Touristen, die auch wir mangels Orientierung direkt aufgesucht haben. Mit den schweren Rucksäcken auf dem Rücken hieß es, keine Zeit zu verlieren und als ersten Stopp die gebuchte Unterkunft Doña Catta Inn anzusteuern. Diese war zum Glück nur einen fünfminütigen Fußmarsch entfernt, den wir zwar müde, aber motiviert, die Füße gleich hochlegen zu können, gerne auf uns nahmen.
Vorbei an weiteren Restaurants, Tante-Emma-Läden und Shops überquerten wir die abenteuerliche Holzbrücke auf der Hauptstraße von Ollantaytambo, versicherten uns bei einem Polizisten nochmal kurz, auf dem richtigen Weg zu sein und bogen schlussendlich links in die Straße unseres Hotels ab. Die Lobby war fein, das Zimmer spartanisch mit zwei Einzelbetten ausgestattet und, leider, leider, wieder sehr kalt. Im Gegensatz zur Unterkunft in Lima war hier, zwar kein TV, aber zumindest ein Heizlüfter vorhanden, der zwar nicht genug Kraft hatte, um das Zimmer nachhaltig zu erwärmen, aber wenigstens auf die Betten gerichtet für halbwegs erträgliche Temperaturen sorgte. Das WLAN reichte leider auch nicht zum Streamen von Prime-Serien, aber zum Glück hatten wir ein paar auf das iPad heruntergeladen. Nein, zimperlich darf man in Peru hinsichtlich der Übernachtungsmöglichkeiten nicht sein – und doch fraß es sich sukzessive durch unsere mentale Belastungsgrenze.
Obwohl ziemlich müde, sorgte der spartanische Raum dafür, dass wir uns doch unmittelbar auf Nahrungssuche begaben. Leider war es noch etwas früh, so hatten die meisten lokalen Restaurants noch geschlossen und wir eroberten das erste geöffnete Lokal, in dem es Nudeln und Pizza gab – keine schlechte Basis für unsere Vorhaben der folgenden Tage, dazu befand es sich in einem abenteuerlichen Holzhaus mit altertümlicher Veranda und Blick auf die Inka-Stätten von Ollantaytambo. Geht schlechter. Zusammen mit einer deutschen Familie waren wir zu dieser frühen Stunde die einzigen Gäste und mussten wieder mal feststellen, dass man es auf Reisen irgendwie seltsam findet, Landesgenossen zu treffen. Gespräche werden belangloser und die Stimmen gedämmt – als wolle man die Magie der Reise nicht mit Erinnerungen an die Heimat beflecken, sich nicht an das Alltägliche erinnern lassen.
So blieben wir nach dem Essen auch nicht besonders lange sitzen, sondern erkundeten das Dorf noch ein wenig. Da es in den Bergen durch aufziehenden Nebel und langsam verschwindende Sonne beständig kühler wurde, entschieden wir uns für einen kleinen Shoppingbummel durch die verschiedenen Geschäfte. Handgemachter Schmuck ist eher nicht so unseres, daher ließen wir entsprechende Angebote links liegen und konzentrierten uns eher auf die Anbieter kuschelig warmer Wollprodukte. Die Pullover, Schals, Decken, Socken und Mützen glichen sich nahezu überall in Preis und Qualität, so dass einem selbst die Wahl bleibt, wo man sein Geld lässt. Es ist eher eine Frage der Sympathie oder des Gleichheitsprinzips – wir kombinierten beides und deckten uns zunächst bei einer sehr zuvorkommenden peruanischen Frau ein, die mich, taktisch klug, mit dem Hund spielen ließ, während sie lang und breit die Vorzüge unterschiedlichster Decken anpries. Natürlich schlugen wir zu, schmusten zur Belohnung noch etwas länger mit der Fellnase und setzten unseren Weg durch die Gassen fort.
Der kleine Bach klarsten Wassers, der sich aus den Bergen immer am Gehweg entlang seinen Weg hinab bahnte, machte den Ort noch malerischer und als ein Esel am Straßenrand erschien, war es um uns geschehen – hier passte einfach vieles und für einen Moment waren die beständig im Hintergrund wabernden negativen Gedanken mal vergessen. Wir hielten die Szenerie für uns fest, mehr im Gedächtnis, als auf Zelluloid, und es zauberte uns den Rest des Tages immer mal wieder ein Lächeln ins Gesicht. Kein Wunder, dass wir auch beim nächsten Händler, zurück am Hauptplatz, noch einen Pullover aus Alpaca-Wolle erstanden und uns auch über die völlig überhöhten Lebensmittelpreise des Tante-Emma-Ladens nicht aufregten. Positive Erlebnisse können alles in einem besseren Licht erscheinen lassen. Dass wir unsere Müdigkeit überwanden und uns nach der Ankunft direkt wieder auf den Spaziergang gemacht hatten, resultierte in einem raschen abendlichen Schlaf – ein weiterer Vorteil und der gelungene Abschluss eines durch die Busfahrt gefühlt unfassbar langen Tages.
Keep on rockin’
Ree
(c) Daniel Schröer
Mitglied im Deutschen
Fachjournalisten Verband